Anomalie-Detektion für zustandsbasierte Wartung

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Kurzfassung

 Im Kern geht es bei der Detektion von anomalen Zuständen um eine Änderung von Messgrößen, die sich nicht aus der Belastung ergibt. Solche Abweichungen zeigen die Änderung einer System-Eigenschaft an. Sie sind als Indikator für die Frühphase einer Schädigung nutzbar. Wir wollen sie möglichste treffsicher und frühzeitig detektieren, damit Maßnahmen zur Verhinderung von Ausfällen eingeleitet werden können.

Womit wir bei Anomalie-Detektion arbeiten

Die relevanten Kenngrößen ermittelt man anhand der Ausfalls-Risiken eines Systems. Häufig sind dafür die Regelungsdaten brauchbar, ergänzt um eine schlanke Instrumentierung. Sie soll mit möglichst wenigen Datenkanälen in möglichst geringer Abtastrate die Risiko-bezogene Information liefern. Keinesfalls sollte man alle möglichen Korrelationen aller möglichen Kanäle auswerten lassen. Das führt nur ins „black-box“-Verderben.

Agnostische und dedizierte Analyse

Natürlich ist es zweckdienlich, von den Ausfallsrisken auszugehend spezifische Modelle für die Anomalie-Detektion zu entwerfen. Wenn dafür allerdings die Input-Daten fehlen, gibt es immer noch die Möglichkeit, Abweichungen genereller Natur zu ermitteln. Energie- und Stoffbilanzen bieten sich hier als robuste Methoden an. Sie identifizieren zwar keinen konkreten Schädigungs-Mechanismus, erlauben aber dennoch die Ermittlung von gefährdeten Instanzen.

Information Merging

Ein Detektor überwacht nur einen Aspekt der Wirklichkeit. Zur Abdeckung der Risikolandschaft braucht es daher eine Kombination von Inputkanälen. Mehr Daten erfordern mehr Aufwand. Der rentiert sich nur, wenn dadurch zusätzliche Information über Risiken entsteht. Daher ist es klug und kostengünstig, möglichst wenige aber verschiedene Typen von Daten zu verknüpfen, z.B. Zeitreihen von Lastdaten und Lastantworten mit System-Zuständen, Störungsmeldungen und Wartungsinformationen.

Was uns der stationäre Betrieb liefert

Der Stationärbetrieb eines Systems ist der triviale Fall, weil die Erwartungswerte für das intakte System konstant sind und ohne jede Modellierung mit dem tatsächlichen Zustand verglichen werden können. Dafür nutzt man die charakteristischen Eigenschaften, also etwa für einen Ventilator die Drehzahl. Ist der Lüfter aber auf konstante Drehzahl geregelt, dann ist es sinnvoll, zusätzlich die Leistung zu überwachen, um aus der Änderung der Leistungsaufnahme eine Anomalie zu detektieren, die in der Drehzahl ja nicht auftritt.

Der dynamische Betrieb I: Messung

Die relevanten Systeme sind die Instationären. Ihr Zustand ändert sich je nach Belastung, Randbedingungen und Regelung. Das Antwortverhalten hängt von der Regelstrecke und der Trägheit des Systems (z.B. seiner thermischen Masse) ab. Für die Referenzbildung müssen wir dieses Last-Antwort-Verhalten konsequent ermitteln. Für den Heizstab eines Geschirrspülers wäre das z.B. die Heizkurve als Funktion des Füllgrads, der Umgebungstemperatur und der Leistungsaufnahme. Diese Kurven werden gemessen und als Referenz-Kennfeld hinterlegt. Wenn der Geschirrspüler im Betrieb tatsächlich heizt, liefert der Vergleich des gemessenen Temperaturanstiegs mit der Referenz die Information, ob alles in Ordnung ist.

Bei signifikanten Abweichungen wird ein Indikator-Event erzeugt. Es indiziert ein abweichendes Systemverhalten im gesamten Nutzungsraum, d.h. auch ohne, dass ein Extremwert überschritten wurde. Eine solche Residualanalyse detektiert, sobald die Abweichung größer als die Streubreite der Referenz wird. Daher ist es für die frühzeitige Detektion zentral, die Referenz möglichst genau zu bestimmen.

Der dynamische Betrieb II: Simulation

Bei mikroelektronischen Geräten ist die Messung des Systemverhaltens wegen der Miniaturisierung nur eingeschränkt möglich. Wenn aber die Systemarchitektur bekannt ist, kann man das Verhalten simulieren. Das machen wir für alle erwarteten Betriebsbedingungen, die das System nennenswert belasten, um analog zur Messung die Referenz in Form der Strom-Spannungs-Charakteristik abzuleiten. Sie dient wieder als Referenz für den Soll-Ist-Vergleich.

Fremd-Korrelation

Einfacher wird die Detektion von Abweichungen für eine Flotte von äquivalenten Einheiten. Äquivalent heißt in diesem Zusammenhang gleiche Hardware, gleiche Software, gleiche Regelparameter und gleiche Belastung. Das trifft z.B. auf die Bremsen eines Zug-Drehgestells zu. Sie werden synchron und gleichartig betätigt. Die Differenz ihrer Bremsdrücke muss daher permanent nahe Null liegen. Analog sollten sich die Turbinen in einem Windpark normal zur Windrichtung ausrichten und ihre Blattwinkel gleich einstellen. Abweichungen zwischen einer Instanz und den äquivalenten Nachbarn deuten auf Fehlfunktionen hin. Transiente Unterschiede sind generell Indikatoren für regelungstechnische Probleme. Der Charme der vergleichenden Methode liegt darin, dass man die technischen Details der überwachten Anlagen gar nicht kennen muss. Auch die Regelcharakteristik muss man nicht modellieren. Diese Informationen sind nämlich im Verhalten der Referenz-Anlage(n) enthalten. Es braucht jedoch ein grundlegendes Verständnis der Technik und Anlagen-Charakteristik, sonst ist man verloren im Dschungel der vielen Messwerte, oder vergleicht eventuell Äpfel mit Birnen.

Trendanalysen

Viele Ausfälle kündigen sich bereits über lange Zeit durch eine graduelle Änderung einer Kenngröße an. Bestimmte Lagerschäden äußern sich bis zu sechs Monate vor dem tatsächlichen Ausfall durch ansteigende Partikelfracht im Öl. Trendanalyse erlaubt es, solche Phänomene zu detektieren, selbst wenn die Werte noch im Streuband der Referenz liegen. Wir haben dazu ein statistisches Verfahren entwickelt, das den frühestmöglichen Indikator liefert – und damit die längste mögliche Vorwarnzeit. Denn darauf kommt es an, damit die Reparatur vor (!) dem Ausfall erledigt werden kann.

Nutzen:

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Das System-Verständnis wird für die Ermittlung von Schädigungs-Indikatoren genutzt

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Abweichungen werden gegen das erwartete Verhalten bewertet

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Trendanalysen triggern präventive Wartung zur Vermeidung ungeplanter Ausfälle

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